Burleskes Polit-Theater
»Das Agora-Theater spielt die Geschichte von Kohlhaas als „Theater im Theater“ für Jugendliche und Erwachsene ab 15 Jahren. […] Es ist eine wunderbar phantasievolle Aufführung, die mit Zirkusmetaphern und Clownsmotiven spielt, mit mittelalterlicher Musik und E-Gitarren-Klängen, Bänkelsang und Schauerballaden. Sie ist charmant, witzig und arbeitet ungeniert mit allen Mitteln des Volkstheaters. Und dennoch thematisiert sie deutlich die politischen Aspekte des Kleistschen Textes, und auch den die Geschichte verfolgenden Jugendlichen wird der Transfer der Aussagen ins Heute gelingen: Da gibt es Amigo-Affären und Korruption; Willkür und Machtmissbrauch treten vielleicht ein bisschen holzschnittartiger zu Tage als in der eleganten Staatsform unserer Demokratien, aber so ganz unbekannt sind uns solche Vorgänge nicht. Und es ist die Nichteinhaltung von Menschenrechten, die zum blutigen Aufstand führt: friedliche Revolutionen gibt es erst seit 1989, und sie werden wohl die Ausnahme bleiben. Die mal burleske, mal poetische Aufführung macht auch jungen Leuten Spaß und nimmt ganz unauffällig auch die Funktion des Theater als Bildungsinstitution und als moralische Anstalt wahr«
(Dietmar Zimmermann, Theater Pur in NRW, 31.03.2013)
»Politisches Theater für Heranwachsende – geht das? Aber ja doch! Und wie? Das Agora-Theater aus St. Vith, im deutschsprachigen Randgebiet Belgiens, macht es vor (in Kooperation mit dem Theater Marabu, Bonn; Regie: Claus Overkamp). Zu sehen war es jüngst bei „Augenblick mal!“, dem Festival für deutsche Kinder- und Jugendtheater, das alle zwei Jahre in Berlin stattfindet. Kleists altbekannte Kohlhaas-Novelle, die schon öfter das Licht der Bühne erblickte, dient als Spielvorlage: Eine schräge Gauklertruppe hat sich ihrer bemächtigt und läßt nichts aus. Das Spektakel ist wild und opulent, Feuerschlucker, Einradfahrer, virtuose Musik von Zerrwänsten und Trommeln … Und Clowns! Fünf Darsteller ziehen alle Register von Schauspielkunst, Artistik und Musikanterei. Aber immer wieder bricht das Geschehen herunter in den bittersten Ernst, stürzt ab in unendliche Trauer. […] Und Gedichte von Erich Mühsam, klug dem Kleist implantiert, verstärken den tiefen Eindruck, den diese alte Geschichte von Ungerechtigkeit, Repression und Rebellion auf die Zuschauer aller Altersgruppen macht, lassen sie mit dem Helden fühlen und atmen. Die Aufführung bleibt nicht da unten, in den Niederungen der Trauer und Verzweiflung – sie arbeitet sich wieder hinauf zu rebellischer, nein: revolutionärer Wut. […] Theater jenseits von Selbstdarstellerei und albern behaupteter Avantgarde – Theater der Zukunft«
(Gerd Bedszent, Ossietzky, Zweiwochenschrift für Politik, Kultur, Wirtschaft, 18. 05.2013)
»Es gibt Bilder, die sich einbrennen. Das Theater Agora aus St. Vith in Belgien ist bekannt für seine Fähigkeit, solche Bilderwelten zu entwerfen. Es eröffnete am Dienstagabend mit „Heute: Kohlhaas“, einer Co-Produktion mit dem Theater Marabu aus Bonn, das diesjährige 19. internationale Theaterfestival „Unidram“. […]Und das ist so, weil sie Bilder, die man bereits in sich trägt, mit theatralen Mitteln sowohl entschärfen als auch scharf stellen. Der inzwischen mehrfach prämierten Inszenierung von Claus Overcamp gelingen sehr häufig solche scharf stellenden Momente. Das geschieht mit einer faszinierenden Vielfalt der Mittel, besonders auffällig sind solche des Volkstheaters mit ihrer holzschnittartigen Klarheit. […] Neben der textlich sehr reduzierten Kleist-Novelle wird auch noch eine andere Geschichte erzählt, nämlich als Spiel im Spiel, die der Wandertheatergruppe Loko Kaleki. […] Sie verleihen mit ihrem clownesken, oft grotesken, manchmal slapstickartigen Spiel dem Ganzen jene Leichtigkeit und Verrücktheit, die es braucht, um die großen Wahrheiten auf den Punkt zu bringen«
(Astrid Priebs-Tröger, Potsdamer Neueste Nachrichten, 01.11.2012)
»Ein tolles Theatervergnügen, der Spagat zwischen Witz und Ernst gelingt diesem virtuos agierenden Ensemble vortrefflich. So amüsant und unterhaltsam, frisch und frech hat man die Kleistsche Novelle wohl noch nie gesehen«
(Britta Helmbold, ruhrnachrichten.de, 30.11.2012)
»Wenn jemals der abgenutzte Begriff Innovation Berechtigung hatte, dann in dieser Inszenierung. Von Minute zu Minute regneten unablässig Einfälle aus dem Schnürboden herab. Licht, Ton, Musik griffen dabei wie ein Uhrwerk ineinander und spielten im Verein mit den Darstellern die Zuschauer schwindlig. […] Eben noch Spaß, wechselte das Geschehen ins Wagnerianische, als Kohlhaases riesenhafter, illuminierter Racheengel auf die Bühne wankte und im Feuer und Rauch eine von Trommelwirbel begleitete Stimme die „Provisorische Weltregierung“ ausrief. […] Am Ende war der Held zwar trotzdem tot, aber die sehr lebendigen Zuschauer trommelten mit ihren Füßen die Botschaft von einem furiosen Theaterabend in das nächtliche Potsdam«
(Lothar Krone, Märkische Allgemeine, 01.11.2012)
»Die Koproduktion zwischen dem Bonner Theater Marabu und dem seit langem eng verbundenen Agora Theater aus St.Vith (B) entwickelt aus dem scheinbar schlichten Jahrmarktstheater eine aberwitzige Groteske über Willkür und Widerstand. Das aufwändige große Bühnenbild von Celine Leuchter und die schräge Musik von Gerd Oly sind ein Vergnügen für sich in der rundum gelungenen Aufführung „Heute:Kohlhaas“, die virtuos traditionelle populäre Spielweisen mit einem heutigen Zugang zu dem immer noch aktuellen Stoff verbindet. Der Regisseur Claus Overkamp schreibt damit den Stil des 2009 verstorbenen Agora-Gründers Marcel Cremer künstlerisch eigenständig fort«
(kultur – das Magazin der Theatergemeinde Bonn, Ausgabe 02/ 2012)
»Denn abgesehen von der an sich schon recht reizvollen Geschichte über Macht, Willkür und Widerstand steckt diese Inszenierung voll origineller Ideen, die sich zu einem unvergesslichen Gesamtbild fügen, ohne dass man im einzelnen exakt nachvollziehen könnte, wie da eins zum anderen kommt. (…) „Heute: Kohlhaas“ spielt mit der Erwartung der Zuschauer und führt sie gleichzeitig ad absurdum: Es bringt Kleists Stoff zum Ursprung zurück. Zeitlos gut und zeitlos gültig«
(Ulrike Strauch, Bonner General-Anzeiger, 17.12.2011)
»Es ist die brisante Mischung aus heiligem Ernst und hanebüchener Komik, mit der die Schauspieler von Anfang bis Ende zu Werke gehen und die der Inszenierung eine faszinierende Aura aberwitziger Bedrohung verleiht. Wer hier noch im Recht ist oder gar die Gerechtigkeit im wahrsten Sinne des Wortes vollstreckt, muss man sich immer häufiger fragen. Aus Kleists Novelle ist eine tosende und tobende Mischung aus Kindergarten und Irrenhaus geworden, die manchmal verdächtig an die Welt erinnert«
(SCHNÜSS, das Bonner Stadtmagazin, Ausgabe 02/2012)
Premiere: Tosender Applaus für neue AGORA-Produktion
»Das Theaterensemble Agora hat am Donnerstagabend ihr neues Stück „Heute: Kohlhaas“ im ausverkauften Triangel präsentiert. Das Stück erzählt die Geschichte von Michael Kohlhaas – frei nach der Novelle von Heinrich von Kleist. Der Pferdehändler Kohlhaas führt ein angepasstes Leben bis er Opfer von Ungerechtigkeit und daraufhin selbst zum Mörder wird. Das Stück greift somit die sehr diskutablen Mittel der Selbstjustiz und Rache auf. Bei „Heute: Kohlhaas“ stehen fünf Agora-Schauspieler auf der Bühne. Sie lassen bitterböse Elemente mit Situationskomik zu einem Schauspiel verschmelzen, das gleich ins Herz geht. Die Zuschauer waren begeistert – minutenlang belohnten sie die Agora-Schauspieler mit tosendem Applaus. (…)«
(Jenny Dederichs, Belgischer Rundfunk, 9.12.2011)
Die Moritat des Michael Kohlhaas
»(…) Ab jetzt erfolgt ein Feuerwerk an perfekt umgesetzten, heuristischen Ideen voller Fantasie, das nicht nur die Schauspieler sondern auch das Publikum bis zum Schluss auch nicht nur eine einzige Sekunde lang verschnaufen lassen wird; und das mit den einfachsten Mitteln, die eine Jahrmarkt-Theatergruppe überhaupt nur bieten kann. (…) Ein Schauspiel für die Götter, wobei der Anspruch des Untertitels »Ein musikalisches und burleskes Schauspiel über Macht, Willkür und Widerstand« mehr als nur erfüllt wurde. (…) Nicht enden wollender Applaus konnte die Gaukler für ihre viel mehr als nur sagenhafte anderthalbstündige Leistung nicht genug belohnen. Proficiat!«
(Helmuth Hilgers, Grenz-Echo, 10.12.2011)