Das Autobiographische Theater


Die besondere Arbeitsweise der AGORA gründet auf der Methode des »Autobiographischen Theaters« (AT). Diese Arbeitsweise wurde von AGORA-Gründer Marcel Cremer gemeinsam mit dem Ensemble entwickelt. Das AT fußt auf zeitgenössischen Einflüssen der 1980er wie z.B. dem »Living Theatre« oder den Regisseur:innen Jerzy Grotowski, Ariane Mnouchkine und Peter Brook. Seit der Gründungszeit hat sich das AT stetig weiterentwickelt. Es ist kein starres Regelwerk, sondern befindet sich konstant im Wandel.

Jede neue Inszenierung beginnt mit den eigenen Geschichten aller Beteiligten. Die autobiografischen Geschichten sind, so wie sie erzählt werden, der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Figuren und der Handlung. Die Erinnerungen können strittig und widersprüchlich sein. Es geht nicht um den Wahrheitsgehalt der Narrative. Es geht eher darum, die biografischen Geschichten in eine Beziehung zur Thematik der Stückentwicklung zu bringen. Die Erzählungen werden gemeinsam dramaturgisch befragt und lösen sich in diesem Prozess von ihren Urheber:innen. So entsteht aus den persönlichen Geschichten das dramatische Material für die Stückentwicklung. Auf dessen Grundlage wird der Theatertext oder eine spezifische Fragestellung von den Beteiligten betrachtet. Nach und nach schälen sich die Umrisse der Figuren und das Gerüst der Handlung heraus.

In Abgrenzung zu anderen Methoden geht es beim AT nicht um die Authentizität des Spiels auf der Bühne. Die Biografien der Spieler:innen sind vielmehr essentiell für die inhaltliche Konzeption und Strukturierung der Inszenierungen. Kurz: Das biographische Material ist primär, kein sekundäres Supplément. Die Arbeitsweise ermächtigt die Prozessbeteiligten zu Co-Entwickler:innen der Inszenierung. Das persönliche Wissen und die Erfahrung aller sind zentral in die Entwicklung der Inszenierung eingeschrieben. So agieren die Beteiligten nicht nur als Teilhaber:innen, sondern auch als Mitverantwortliche und sind kompetent im Hinblick auf das gesamte Ergebnis.

 

Die Inszenierungen der AGORA fokussieren auf die Kopräsenz, die Interaktion zwischen zwei anwesenden Gruppen: die Zuschauenden und die Spielenden. Aus einer theaterwissenschaftlichen Perspektive ist dies nichts Neues, aus dem Blick der Theaterschaffenden jedoch schon. Der Bezug zu den Zuschauer:innen und die besondere Form des Beteiligtseins am Prozess der Inszenierung prägen die Arbeitsweise und die Ergebnisse der AGORA.