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09.03.2010
Der gute Hirte

Presse

Der „gute Hirte“ wohnt in Claude Caminskis Kopf. Wenn er vor die Tür geht, ist das Publikum da und das ist gut, denn Claude ist Erzähler und braucht uns zum Zuhören. Dass das Erzählen ebenso wichtig ist, wie die Geschichte selbst, die zu erzählen ist, davon zeugt die Figur des Caminski. Von allem, was zu vergehen droht, hat er Geräusche auf Kassetten gebannt. Als könne er sie erzählend ungeschehen machen, so dringlich schildert Caminski seine Verluste. Wie ein Teil der Schafe an einer Krankheit, andere am Sturz in einen Abgrund starben. Dräuende Filmmusik untermalt die Rettung einer Schafgruppe vor der amtlichen Beschlagnahmung durch Winston, den tapferen Adler. Nicht minder dramatisch: der Sturz des Esels Rothschild in einen Abgrund. Caminski rast durch das Universum seiner Erinnerungen, bleibt mal am Klang eines einzelnen Wortes, mal am Widersinn eines Satzes hängen - und hechtet ins nächste Kapitel. Nur im Erzählen existiert er, muß seine oft ungereimten Geschichten in all ihren komischen und grausigen Details vor uns auftürmen. Wenn er dann, als Hirte, fünf Kassettenrecorder liebevoll auf einem Kunstrasenläppchen positioniert und uns als Einzelpersönlichkeiten seiner Herde vorstellt, ist man dem bestechenden Charme dieser Aufführung längst erlegen - und hofft auf mehr von solchen entgrenzten Theatererlebnissen.
Die Produktion "Der gute Hirte" des Theaters der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens AGORA war einer der Höhepunkte des Arbeitstreffen freier Kinder- und Jugendtheater, dieses Jahr zu Gast beim Berliner Theater Strahl und dem Potsdamer Theater Havarie.  Der gegenseitige Austausch über Konzepte und Arbeitsweisen gehört als fester Bestandteil zum Programm des vor acht Jahren gegründeten Festivals Spurensuche. [...]
Anne Opel - Theater der Zeit

In „Der gute Hirte“ von AGORA, dem Theater der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, begegnet uns Martin Färber, der seinen Partner ankündigt, mit dem er in einer Wohngemeinschaft lebt, den er betreut und begleitet  während er von Ort zu Ort unterwegs ist: Claude Caminski, ein Geschichtenerzähler. Aber Vorsicht! Er ist wie ein Kind uns sucht die Nähe des Publikums. Und schon ist der Zuschauer im Spiel: Was kommt da auf mich zu? Dann ist er da, dieser besondere, verletzliche Mensch, Geschichtenerzähler, Geräuschesammler, Reisender. Ist er verrückt? Behindert? Wozu sich das fragen, wenn er die einzigartige Begabung hat, mit seiner großen Erzählung vom guten Hirten, der aller Führsorge zum Trotz jedes seiner Schafe und auch den Hund und den Esel verlor, eine Welt zu erschaffen? Hunderte Tier- und Menschenstimmen hat Claude gesammelt und unzählige Geschichten stecken in dieser einen Geschichte. Ein Wort, ein Satz, ein Geräusch kann für ihn Auslöser sein, um einen anderen Erzählpfad einzuschlagen. So webt er ein komplexes Geschichtengebilde.
In der Inszenierung von Marcel Cremer wird das Geschichtenerzählen als Theatervorgang selbst zum Thema. Sie verführt den Zuschauer mitzuspielen und der Weg der Erkenntnis über die eigene Rolle im gemeinsamen Spiel Theater, den jede / jeder Einzelne auf seinem Sitzplatz dabei zurücklegt, er ist ein Vergnügen. Bange Minuten lang hofft und erlebt man mit Claude, dass der ausgestopfte Adler Winston endlich über der Bühne kreist. Und man genießt den Augenblick wenn gar eine Zuschauerin auf der Bühne empfangen wird und lustvoll mitspielt. Dass diese Verführung gelingt, ist der Darstellungskraft von Kurt Pothen zuzuschreiben, der seiner Figur im Spiel eine humorvolle, wahrhaftige Größe verleiht.
Annett Israel – IXYPSILONZET

Das preisgekrönte belgische Agora-Theater hat sein Publikum aus Schulklassen berührt und begeistert. Mit viel Witz, Originalität und Poesie, vor allem aber schauspielerischer Glanzleistung transportierte es anspruchsvolle Inhalte.
Trierscher Volksfreund
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